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07.07.16 18:42 Uhr Alter: 8 Jahre
Weniger Güter auf die Straße - Studie verlangt Milliarden-Investitionen, um den Transport auf der Schiene zu steigern
Von: Dieter Keller SWP Ulm
Nur mit Milliardeninvestitionen in die Schiene kann der hohe Anteil der Straße am Güterverkehr reduziert werden. Nötig sind viele Einzelmaßnahmen.

Berlin. Endlose Schlangen von Brummis auf den Autobahnen sind der permanente Beweis dafür, dass mehr als drei Viertel der Güter auf der Straße transportiert werden. Sie drohen noch länger zu werden.

Denn nach Prognosen dürften die Warentransporte bis 2030 um 38 Prozent zunehmen und damit deutlich stärker als der Personenverkehr.

Schon mit Blick auf die Umweltziele muss der Anteil der Schiene dringend steigen, fordern die Grünen im Bundestag. Derzeit liegt er nur bei 17 Prozent. Mindestens 25 Prozent sind sinnvoll und möglich, ist ihr bahnpolitischer Sprecher Matthias Gastel aus Filderstadt überzeugt.

Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss nicht nur einfach ein Schalter umgelegt werden. Es geht nur mit einem großen Strauß an Einzelmaßnahmen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Wirtschafts-Professor Uwe Höft von der Technischen Hochschule Brandenburg für die Grünen erarbeitet hat. Manches ist mit geringem Aufwand zu realisieren, doch letztlich müssen Bund und Bahn Milliarden investieren, auch wenn Höft keine konkrete Summe nennt.

Das beginnt schon bei den Güterwagen, die noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen sind, sondern oft eher ins Museum gehören.

Meist werden sie noch gebremst wie vor 100 Jahren, die Fahrgestelle haben oft 50 Jahre auf dem Buckel. Dabei gibt es längst digitale Technik, um die Lärmemissionen deutlich zu senken. Automatische Kupplungen können den Personalaufwand und die Standzeiten ebenso senken wie moderne Bremssysteme. Mit GPS ließe sich leichter nachverfolgen, wo sich der einzelne Wagen befindet. Allerdings kostet die Nachrüstung bis zu 50 000 € pro Wagen, und die Systeme müssten europaweit eingeführt werden, da im Transitland Deutschland Wagen aus vielen Ländern fahren.

Allein für die Deutsche Bahn, die etwa 60 000 eigene Güterwagen hat, würde sich der Aufwand auf mehrere Milliarden € summieren.

Auch die Schienentrassen sind ein wichtiges Feld. Unter anderem fehlen viele Ausweichgleise, die lang genug sind, einen samt Lok 740 Meter langen Güterzug aufzunehmen, um schnellere Personenzüge überholen zu lassen. Das ist europaweit der Mindeststandard. Zudem müssen Nebenstrecken für eine Achslast von 22,5 Tonnen ausgebaut werden, um Standardtransporte zu ermöglichen.

An dieser Stelle bemängelt Gastel die steigenden Trassenpreise, die Gütertransporte auf der Schiene teuer machen, weil der Nahverkehr entlastet werden soll. Zudem sieht er die Bahn beim neuen Bundesverkehrswegeplan, der gerade aufgestellt wird und die geplanten Investitionen in den nächsten Jahren zusammenfasst, im Vergleich zur Straße zu schlecht behandelt.

Dass Handlungsmöglichkeiten nicht teuer sein müssen, zeigt das Beispiel Speditionen: Da sind viele Mitarbeiter gar nicht mehr darauf eingestellt, Transporte über die Schiene als Möglichkeit zu prüfen.

„Das müssen wir wieder in die Köpfe bringen“, fordert Höft. Auch die Logistiker an den Hochschulen sollten sich mehr mit der Güterbahn beschäftigen.

„Da ist mit wenig Geld eine große Hebelwirkung möglich.“ Neben der Bahn ist auch die Politik gefragt, etwa wenn es um die Trassenpreise geht. Zudem ist BahnStrom mit der vollen EEG-Umlage für Ökostrom belastet, und der Bund ist insgesamt für die Investitionen ins Schienennetz verantwortlich.

Schließlich vermisst Höft nicht nur in Deutschland ein schlüssiges Konzept, wie der umweltfreundliche Verkehrsträger Schiene gestärkt werden kann. Ihm fehlt auch ein europäischer Masterplan für den Schienengüterverkehr, weil der Transport ein europaweites Gewerbe ist.